Als Handspinner können wir auf so viele Aspekte unserer Garne Einfluss nehmen. Drall, Garnstärke, Lauflänge und vieles mehr. Deshalb zeige ich an Hand des 1zu5-Projekts einige wesentliche Unterschiede Faseraufbereitungen, Spinntechniken, Verdrehung und vielem mehr, indem ich aus einer Faser jeweils 5 verschiedene Garne spinne. Natürlich habe ich auch Video zu den Ergebnissen gemacht, dass ihr ganz unten in diesem Post findet.
In diesem ersten Projekt habe ich versucht ein paar ganz allgemeine Unterschiede zusammen zu fassen. Grundlage des Projekts war ein Kammzug von Yundi und Grete aus Wolle und Ramie.

Aus dem Kammzug habe ich fünf verschiedene Garne gesponnen und dabei ein wenig mit Garnstärken, Drall, unterschiedlichen Vorbereitungen und Spinntechniken gespielt.
Mein Plan für zukünftige 1zu5-Projekte ist, den Fokus auf bestimmte Unterschiede zu legen, wie zum Beispiel unterschiedliche Spinnradübersetzungen oder Garnstärken. Aber bei diesem ersten Projekte habe ich einfach erst Mal ein wenig wildfrei ausprobiert.
Garnstärke
Im Prinzip haben die Garne nur zwei verschiedene Garnstärken, auch wenn sie alle sehr unterschiedlich aussehen. Die dickeren Garne haben einen WPI von etwa 11, die dünneren Garne sind etwa 20 WPI dünn. (Falls ihr nicht wisst, wie man den WPI misst: Dazu habe ich schon Mal ein Video gemacht – wobei mir auffällt, dass ich den Blogpost dringend mal aktualisieren muss)
Die Proben Nr. 1 und Nr. 2 sind in ihrer Stärke identisch, der optische Unterschied entsteht vor allem dadurch, dass Nr. 1 ein zweifädig verzwirnt ist und Nr. 2 dreifädig bzw. navajo.

Dadurch entstanden auch sehr starke Unterschiede in der Wirkung der Farben, die bei Nr. 2 sehr viel deutlicher und kräftiger zur Geltung kommen. Auch das Maschenbild wirkt bei Nr. 2 ein wenig gleichmäßiger und definierter.
Proben Nr. 3 und 5 habe ich beide etwas dünner gesponnen. Bei Nr. 3 habe ich 19 WPI gemessen, bei Nr. 50 waren es 20. Also kein drastischer Unterschied.

Die beiden Garne sehen sich durchaus sehr ähnlich. Allerdings waren die Singles für Nr. 5 um einiges dünner als die Singles für Nr. 3. Das fällt in sofern auf, als dass Nr. 5 sich ein wenig leichter und luftiger anfühlt, als Nr. 3. Darauf werde ich später noch Mal zurück kommen. Beide Garne sind zweifach verzwirnt, also gab es in dem Zusammenhang keine Unterschiede.
Von den 5 Proben waren zwei Garne dreifach, bzw. navajoverzwirnt. Nr. 2 und Nr. 4.

Interessanterweise sehen die beiden Garne sich trotzdem nicht im entferntesten ähnlich, sind aber ebenfalls gleich dick. Auf die beiden Proben werde ich auch später noch Mal zurück kommen.
Spinnradübersetzungen und Drall
Drall spielt in der Spinnerei eine große, oft unterschätzte Rolle. In diesem Projekt habe ich genau dokumentiert mit welchen Übersetzungen ich gesponnen und verzwirnt habe, um daraus Rückschlüsse ziehen zu können.

Vergleichen wir noch Mal Probe Nr. 1 und Nr. 2.
Nr. 1 habe ich mit einer Übersetzung von 1:8,5 (meine niedrigste) gesponnen und mit einer Übersetzung von 1:13 zweifach verzwirnt.
Nr. 2 habe ich mit einer Übersetzung von 1:13 gesponnen und mit 1:19 (meiner höchsten) dreifach verzwirnt. Heraus gekommen sind gleichstarke Fäden (25 WPI), aber dementsprechend waren die Fäden für Nr. 2 um einiges fester verdreht und auch das fertige Garn (11 WPI) ist enger und dichter als Nr. 1.
Und das sieht man auch in der fertigen Strickprobe. Die Probe Nr. 2 wirkt sehr viel glatter, dichter und ein wenig glänzender.
Ähnlich unterscheiden sich auch Nr. 3 und Nr. 5

Nr. 5 wirkt auf dem Vergleichsbild fast ein wenig dicker, was daran liegt, dass das Garn einfach ein wenig luftiger war. Ich habe Nr. 3 am Spinnrad gesponnen mit einer Übersetzung von 1:13 und verzwirnt bei 1:19. Dabei habe ich die Singles so dünn gesponnen, wie es mit der Übersetzung möglich und bequem war (35 WPI). Nr. 5 hingegen habe ich mit Handspindeln gearbeitet. Gesponnen habe ich mit filigranen 17g Spindeln und verzwirnt mit einer etwas schweren Spindel. Die Singles waren um einiges dünner (40 WPI) und viel weniger stark verdreht, als die Fäden für Nr. 3.
Trotzdem sind beide Garne schlußendlich auf einen WPI von 19 bzw. 20 gekommen.
Das hat zur Folge, dass Nr. 3 einfach das festere Garn ist und das fühlt man tatsächlich. Die Maschen sind auch ein wenig definierter, bzw. wären es gewesen, wenn ich vielleich noch eine kleinere Nadelstärke gewählt hätte. Gestrickt habe ich mit 2,75mm.
Spinntechnik und Faseraufbereitung
Im Bereich Spinntechniken und Faseraufbereitungen habe ich mich richtig ausgelassen. Grundsätzlich war die Faseraufbereitung ja ein Kammzug. Also parallel liegende Fasern, die die beste Voraussetzung für ein glattes gleichmäßiges Garn sind. Das habe ich aber nicht für alle Proben so gelassen.
Die Proben Nr. 1 und Nr. 2 habe ich klassisch im kurzen Auszug gesponnen, um die Faseraufbereitung zu unterstützen und ein möglichst festes, gleichmäßiges Garn zu erhalten. Für Nr. 4 allerdings habe ich die Fasern zuerst mit Handkarden zu Rolags kardiert und dann im langen Auszug gesponnen.

Und auch das macht sich sehr stark bemerkbar. Im Vergleich zu Nr. 2 ist Nr. 4 sehr ungleichmäßig und vor allem wirken die Farben sehr viel matter. Das ganze wirkt eher verwaschen und etwas unordentlicher. Fühlt sich aber auch etwas weicher an.

Nr. 3 habe ich auch im langen Auszug gesponnen, allerdings habe ich die Fasern vorher nicht kardiert, sondern nur stückchenweise aus dem Kammzug gezupft und aus der Falte gesponnen. Der matte Effekt ist daher nicht ganz so stark, wie bei Nr. 4.
Lauflänge
All die vorher genannten Unterschiede – Drall, Spinntechnik, Faseraufbereitung – haben auch Einfluss auf die Lauflänge der Garne, die mitunter sehr stark variiert.
Besonders stark ist der Unterschied bei Nr. 3 und Nr. 5 bemerkbar. Nr. 3 (aus der Falte im langen Auszug am Spinnrad gesponnen, 1:13 und 1:19, zweifach verzwirnt) hat eine Lauflänge von 290m auf 100g.

Nr. 5 hingegen (mit Handspindeln im langen Auszug aus der Falte gesponnen, weniger Drall, sehr dünne Singles, zweifach verzwirnt) hat eine Lauflänge von sagenhaften 463m auf 100g (sagenhaft für mich, ich spinne nicht gerne so dünn, weil ich nicht geduldig genug bin…)
Schlußendlich könnt ihr euch merken: je luftiger ein Faden gesponnen ist, desto leichter er ist er pro Meter. Je dichter und fester ein Faden gesponnen ist, desto mehr Fasern sind jeweils miteinander verdreht und das macht ihn auf die gleiche länge schwerer.
Ähnliches zeigt sich auch bei den Proben Nr. 2 und Nr. 4

Zur Erinnerung: Nr. 2 war recht fest im kurzen Auszug gesponnen. Nr. 4 ist mit vergleichbaren Übersetzungen gesponnen (anderes Spinnrad) und ebenfalls dreifach verzwirnt. Aber Grundlage waren Rolags, die ich im langen Auszug gesponnen habe. Nr. 2 läuft 96m auf 100g, Nr. 4 hingegen 146m auf 100g. Also knapp 50m pro 100g Unterschied!
Fazit
Alles was wir tun hat Einfluss auf unser Garn. Jede kleine Änderung in der Technik, der Übersetzung, der Aufbereitung kann enormen Einfluss auf die Eigenschaften eines Garns haben. Ist das nicht großartig?
Ich finde es immer wieder aufs neue Spannend mit mich den endlosen Möglichkeiten auseinander zu setzen, die die Handspinnerei uns bietet.
Im nächsten Projekt werde ich mich auf unterschiedliche Spinnrad-Übersetzungen konzentrieren und wir werden uns diesen Part noch Mal etwas genauer anschauen.
Sehr interessant! ?
Freut mich ?
Ist das Strickmuster fur diese Arbeitsproben vielleicht erhaltlich?
Liebe Claudia, ich kann mal schauen, ob ich es noch in meinen Notizen finde. Ich hatte es aus verschiedenen Mustern zusammen gebastelt…