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Doppelweben am Tischwebstuhl (4 Schäfte)

Nachdem ich in Podcast Nr. 56 meine doppelt gewebte Ruana vorgestellt hatte, bin ich häufig gefragt worden, ob ich ein Video über das Doppelweben am Webstuhl machen könnte. Schon lange wollte ich mir neue Spulenhänger weben und habe dieses Projekt genutzt um alle Schritte des Doppelwebens, in diesem Fall am vierschäftigen Tischwebstuhl zu zeigen.

Das Video dazu findet ihr ganz unten. Dort sind alle Schritte ausführlich gezeigt. Hier möchte ich gerne die wichtigsten Eckpunkte zusammen fassen.

Garne

(Ab Minute 00:59) Üben kann man das Doppelweben gut mit Kettgarnen in unterschiedlichen Farben. Es werden praktisch zwei Lagen Stoff gleichzeitig gewebt und Farben können helfen den Überblick zu behalten. Ausserdem kann man mit unterschiedlichen Farben interessante Effekte erzielen, die so mit keiner anderen Technik möglich sind.
Im besten Fall sollten sich die Garne in ihren Eigenschaften jedoch nicht unterscheiden, damit es beim Weben keine Probleme gibt. Je nach Webstuhl, bzw. nach Riet, sollten die Garne nicht zu dünn sein. Beim Doppelweben, werden praktisch zwei übereinanderliegende Ketten gleichzeitig auf dem Webstuhl eingerichet.
Die Garne, die ich im Video verwende, sind (wie fast immer) handgesponnen.

Die handgesponnen Garne, die ich mir für mein Projekt ausgesucht habe. Die zwei Kettlagen werden zur besseren Unterscheidung in zwei unterschiedlichen Farben geschert.

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Messen und Rechnen

(Ab Minute 02:12) Meine Garne hatten je eine Stärke von 8 Fäden/cm. Jede Lage soll eine gleichmäßig gewebte Leinwandbindung ergeben. Wie zum „normalen“ Weben in Leinenbindung, wird daher diese Anzahl halbiert, um die Kettdichte zu bestimmen. In meinem Fall also 4 Fäden/cm.

Um zum Beispiel ein 12cm breites Stück zu Weben, muss ich also von jeder Farbe (12cm x 4 Fäden) 48 Fäden scheren. Insgesamt werden 96 Fäden auf den Webstuhl gezogen.

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Kette schären

(Ab Minute 05:08) Beim Schären der Kette auf dem Webstuhl, nehme ich gerne zwei Fäden gleichzeitig, wie einen. In diesem Fall halte ich das braune und das Grüne Garn zusammen und lege sie auch miteinander in das Fadenkreuz.
Das hat zwei Vorteile: 1. Liegen die Fäden der zwei Lagen immer abwechselnd nebeneinander und können später gleichmäßig auf dem Webstuhl eingefädelt werden. 2. Muss ich nur die Hälfte der nötigen Fäden abzählen.

Beim Scheren der Kette arbeite ich mit zwei Fäden gleichzeitig

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Kette aufziehen

(Ab Minute 06:28) Im Großen und Ganzen wird die Kette aufgezogen wie sonst auch. Das einzige was es zu beachten gilt, ist die Kettbreite. In meinem Beispiel besteht jede Lage aus 4 Fäden pro cm. Es sind zwei Lagen, also muss ich meine Kette mit 8 Fäden pro cm in den Reedekamm einziehen, um auf die richtige Breite zu kommen.

Beim Aufziehen der Kette muss auf die richtige Breite geachtet werden

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Litzen stechen

(Ab Minute 08:13) Beim Einziehen der Fäden in die Litzen sollte man in Ruhe und besonders ordentlich vorgehen. Bei einem vierschäftigen Webstuhl stehen für jede Lage zwei Schäfte zur Verfügung. In meinem Beispiel verwende ich Schaft 1 und 2 für die grüne Kettlage und Schaft 3 und 4 für die braune Lage.

Da die Fäden jeweils gemeinsam im Fadenkreuz liegen, kann ich jeweils einen grünen und einen braunen Faden einziehen. Diese Reihenfolge sollte danach eingehalten werden, damit die Verteilung der Fäden gleichmäßig ausfällt.

Ich ziehe einen grünen Faden in Schaft 1 ein, einen Braunen in Schaft 3, einen Grünen in Schaft 2 und einen Braunen in Schaft 4. Diese Abfolge wiederhole ich immer wieder.

Es wird immer ein grüner und ein brauner Faden abgewechselt eingezogen. So liegen die beiden Kettlagen später möglichst gleichmäßig übereinander.
Hebt man zwischendurch Schaft 1 und 2 an, kann man schon die entstehenden Kettlagen erkennen.

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Blatt stechen

(Ab Minute 14:14) Beim Einziehen der Fäden in das Riet/Webblatt muss man nun wieder beachten, dass man mit der doppelten Fadenanzahl arbeitet. Je nach Riet ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die einzelnen Schlitze doppelt belegt werden müssen. Mein Riet hat eine 40/10er Aufteilung. Wie oben schon beschrieben, hat zwar jede Lage eine Dichte von 4 Fäden/cm, aber da ich mit zwei Lagen arbeite, muss ich 8 Fäden/cm einziehen. Bei einer 40/10 bzw. 4/1er Einteilung bedeutet das 2 Fäden pro Schlitz.

Mehr als 2 Fäden sollten häufig nicht pro Schlitz eingezogen werden, weil diese sich dann während des Webens nicht so gut aneinander vorbei bewegen können. Das kann dazu führen, dass das Fach nicht richtig aufgeht und/oder sich die Fäden sehr stark abreiben. Möchte man mit feineren Garnen arbeiten, empfiehlt es sich also mit einem entsprechend feineren Riet zu arbeiten.

In meinem Beispiel ziehe ich in mein 40/10er Webblatt zwei Fäden pro Schlitz ein

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Zwei getrennte Lagen weben

Um zwei getrennte Lagen zu weben, braucht man zwei Schußgarne. Ich habe meine farblich passend zu den Kettgarnen ausgewählt. Obere und untere Lage werden immer abwechselnd gewebt, um ein möglichst gleichmäßiges Ergebnis zu gewährleisten.

Angenommen die Fäden für die obere Stofflage sind in Schaft 1 und 2 eingezogen und die Fäden für die untere Lage in Schaft 3 und 4, wird wie folgt gewebt:
Schaft 1 heben (obere Lage) – Schußgarn 1
Schaft 1, 2 und 3 heben (untere Lage) – Schußgarn 2
Schaft 2 heben (obere Lage) – Schußgarn 1
Schaft 1,2 und 4 heben (untere Lage) Schußgarn 2

Schaft 1 und 2 werden immer angehoben, wenn in der unteren Kettlage gearbeitet wird, um sie aus dem Weg zu haben. Dazu dann entsprechend einer der beiden Schäfte für die untere Lage.
Da in diesem Fall zwei von einander getrennte Lagen gewebt werden sollen, muss man darauf achten, dass die Schußfäden an den Kanten nicht verkreuzt werden. Ich finde es am einfachsten immer in die gleiche Richtung zu arbeiten. Also zum Beispiel für die obere Lage von rechts nach links, dann die untere Lage in die gleiche Richtung. Auf dem Rückweg wieder erst die obere Lage von links nach rechts und dann die untere Lage ebenfalls von links nach rechts. So kann man in einen guten Rythmus kommen und mit etwas Übung schnell sehen, wo man stehen geblieben ist.

Verwendet man unterschiedliche Farben, wie in meinem Fall, kann man besondere Effekte schaffen, indem man ändert, welche Kettlage oben ist und welche unten. Das geht am Tischwebstuhl besonders leicht, weil man die Tritte nicht anbinden muss. In der obigen Anleitung vertausche ich 1 mit 3 und 2 mit 4. Dadurch liegt die braune Kette oben und die Grüne unten. Die Ergebnisse seht ihr weiter unten im fertigen Bild.

Zur Kontrolle kann ich zwischendurch eine Kettlage wieder komplett anheben und sicher stellen, dass die beiden Lagen wirklich voneinander unabhängig sind.

(Ab Minute 19:51) Um die beiden Stofflagen zu verbinden bzw. zu schließen, kann man die ganze Kette wie eine weben. Dazu hebe ich Schaft 1 und 2 für ein Fach und Schaft 3 und 4 für das zweite Fach.

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Doppelte Breite weben

(Ab Minute 23:41) Die gleiche Technik kann man auch verwenden, um Webstücke in doppelter Breite zu weben. Dafür wird nur ein Schußgarn benötigt. Die Prinzipien sind grundsätzlich die gleichen, nur dass die Lagen auf einer Seite miteinander verbunden werden, so dass der Stoff später aufgeklappt werden kann.

In Beispiel fange ich in der oberen Lage an, hebe Schaft 1 und webe von links nach rechts. Das Schiffchen liegt dann auf der rechten Seite und als nächstes wird die untere Lage gewebt und dafür Schäfte 1,2 und 3 gehoben. Nun liegt das Schiffchen wieder links und es wird zurück gewebt. Dafür werden die Schäfte 1,2 und 4 gehoben und abermals die untere Lage gewebt, dieses Mal von links nach rechts. Zuletzt wird wieder in der oberen Lage gewebt, diesmal mit Schaft 2 angehoben und von rechts nach links. Diese Abfolge wird wiederholt.

Beim Weben in doppelter Breite wird nur einem Schußgarn gearbeitet. Eine Kante bleibt offen, die andere wird geschlossen.
Der Stoff lässt sich dann später ausklappen und ist doppelt so breit, wie die eingerichtete Kette.

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Schlauch weben

(Ab Minute 26:01) Eine andere mögliche Technik ist das Weben eines Schlauchs, für Stulpen, Taschen oder Beutel. Auch in diesem Fall wird mit nur einem Schußgarn gearbeitet, dass in Runden gewebt wird. Also zum Beispiel von rechts nach links durch die obere Lage, dann von links nach rechts durch die Untere und dann wieder von rechts nach links durch die Obere. Die Schäfte werden dabei genauso behandelt wie bei den beiden anderen beschriebenen Techniken.

Wichtig zu beachten ist hier, dass sehr viel leichter Fehler passieren können, weil man nicht so leicht feststellen kann, ob gerade für die untere Lage die richtigen Schäfte angehoben sind. Daher empfehle ich euch, das in aller Ruhe und konzentriert zu üben.

Bei einem Schlauch sind beide Kanten geschlossen.
Aus meinem Muste habe ich eine Schutzhülle für mein Handy gemacht. Die untere Kante habe ich am Webstuhl versäubert. Den Stoff habe ich ein wenig gewalkt und die Kanten an der Öffnung dann umgeschlagen, gebügelt und vernäht.

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Fertigstellung

(Ab Minute 29:03) Ich hatte die Enden der Spulenhänger auf dem Webstuhl jeweils vernäht und ein wenig Abstand gelassen, so dass ich sie nach dem Weben nur noch auseinanderschneiden musste. Dann habe ich die Stücke gründlich in warmem Wasser gewaschen und zum Trocknen ausgelegt. Daraufhin einmal gebügelt und auf ein Rundholz aufgezogen, um sie aufhängen zu können.

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Fazit

(Ab Minute 30:13) Die Spulenhänger, die ich gewebt habe, sind ein fantastisches Beispiel für ein Projekt, das später nur noch gewaschen und gebügelt werden muss. Während ich für meine erste Spulenaufbewahrung eine lange Stoffbahn verwendet habe, die ich dann mit der Nähmaschine bearbeitet habe, muss ich dieses Mal nichts nähen. Die Enden habe ich gleich auf dem Webstuhl versäubert.

Einzigartig sind natürlich auch die unterschiedlich farbigen Fächer, die nur mit Doppelwebtechnik entstehen können!

Natürlich kann man auch mit jedem anderen Webstuhl Doppelweben, man muss die Schäfte nur entsprechend der oben angegebenen Abfolgen anbinden. Tischwebstühle sind in diesem Zusammenhang natürlich besonders praktisch, weil man für den Schaft einen Hebel hat und so ein gutes Gefühl dafür bekommt, was eigentlich beim Doppelweben vor sich geht.

Was habt ihr noch für Ideen? Was könnte man aus Doppelgeweben noch alles machen? Schreibt gerne einen Kommentar!

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Video

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Verwendete Geräte und Materialien

Tischwebstuhl Louet Erica mit 4 Schäften in 50cm Breite
Handschützen: Schacht Handschützen, normal und Sonderedition 2020 (marmoriert)
Blattstecher: Ashford, Kunststoff
Schärbrett: gebraucht, wahrscheinlich Glimakra, maximal 11m Kettlänge
Garnwinde/Schirmhaspel: Glimakra
Knäuelwickler: Uraltes Plastikmodell über Ebay
Grünes Kettgarn: Gobi Argali, handgesponnen, 2fach gezwirnt
Braunes Kettgarn: Shetland mit Seide, handgesponnen, 2fach gezwirnt
Grünes Schußgarn: Shetland, handgesponnen, 2fach gezwirnt
Braunes Schußgarn: wie braunes Kettgarn





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